*** Presseerklärung der Grünen Bürgerschaftsfraktion ***
*** 17. Dezember 2014 ***
Haushalt Justiz und Gleichstellung
„Vier verlorene Jahre für Justiz und Gleichstellung“
Heute verabschiedet die alleinregierende SPD auch den Justizhaushalt. Senatorin Schiedek hat in den vergangenen vier Jahren keine Ambitionen erkennen lassen, die Justiz vom Sparzwang auszunehmen oder diesen zumindest abzumildern. Stattdessen war sie eine willige Vollstreckerin des Sparzwangs. Allein die Neustrukturierung der Justizvollzugsanstalten geriet zum Drama. Die eigene Fraktion verhängte eine Haushaltssperre, um eine ordentliche Planung nebst Kosten zu erzwingen. Die geplante Verlagerung der inhaftierten Frauen von Hahnöfersand ins Männergefängnis Billwerder löste einen Sturm der Entrüstung aus.
Wichtige andere Investitionen wurden dagegen vernachlässigt. Erst ein hollywoodreifer Ausbruch aus der Untersuchungshaftanstalt (UHA) machte diesen groben Fehler offenbar. Es dann wurden hektisch Bauplanungen ausgearbeitet, um den maroden B-Flügel der UHA zu sanieren. Auch bei der Frage, wie dem Frust beim Justizpersonal begegnet werden soll, regierte das Motto „verwalten“ und „vertagen“. Erst wurden diverse Arbeitsgruppen gebildet, Bis heute wurde kein Ergebnis dieser „Problemverwaltung“ öffentlich. Die 2012 versprochene „Gitterprämie“ kommt erst jetzt mit 6,28 Euro Erhöhung zum 1.1.2015. Und von 1.500 Mitarbeitern können sich ganze 70 Hoffnung auf eine höherer Tarifeingruppierung machen. Das alles wird mit den Arbeitsplätzen in den Gefängnissen bezahlt, weitere Stellen sollen wegfallen - obwohl es bereits jetzt durch Fehlzeiten zu Personalnot kommt.
Folge des mangelnden Einsatzes der Senatorin zur Abmilderung des Sparzwangs ist, dass Staatsanwaltschaft und Gerichte personell mit dem Rücken zur Wand stehen. Oder, wie es die Präsidentin des Hanseatischen Oberlandesgerichtes, Ursula Andreß, passend beschrieb: „Die Zitrone ist ausgequetscht“. Im vergangenen Herbst gab es einen Alarmruf der Staatsanwaltschaft. Die Senatorin wollte dies extern überprüfen lassen. Seit Monaten wird der Bericht zurückgehalten – damit er auf keinen Fall mehr die Haushaltsberatungen der Bürgerschaft erreicht.
Senatorin Schiedek ist übrigens auch für den Datenschutz zuständig, denn der Datenschutz- und Informationsbeauftragte, den wir alle hier gewählt haben, steht auch mit dem Rücken zur Wand. Auch hier werden abenteuerliche Kennzahlen bemüht, um das Kleinhalten der Datenschutzbehörde zu rechtfertigen. Stattdessen sollten wir diesem Datenschutzbeauftragten alle Dankbar sein, er kämpft mit seinen 15-köpfigen Team gegen den Datenhunger von Konzernen wie Google & Co. Er musste erst öffentlich Alarm schlagen, und auf liegenbleibende Eingaben hinweisen, bis sich ein paar Haushaltsreste fanden, um diesen eklatanten Mangel zu beheben. Doch dieses Trostplaster macht die Datenschutzbehörde nicht ausreichend arbeitsfähig. Deshalb haben wir einen umfassenden Haushaltsantrag gestellt.
Dazu Farid Müller, Vorsitzender des Justizausschusses und justizpolitischer Sprecher der Grünen Bürgerschaftsfraktion: „Vier verlorene Jahre für die Hamburger Justiz sind bitter. Senatorin Schiedek kämpfte nicht für die Justiz, sondern für den Senatssparzwang. Doch das Nadelöhr Justiz kann all die Ermittlungen der Polizei, die vom Sparzwang geschont wurde, kaum noch verarbeiten. Staatsanwaltschaft, Gerichte und Strafvollzug sind „ausgequetscht wie eine Zitrone“. Wer in Hamburg Recht bekommen will, braucht viel Zeit und Geld. Das alles unterhöhlt den Rechtsstaat. Den Datenschutzbeauftragten hält der Senat klein. Wir wollen seine Position deutlich aufwerten und unabhängiger machen.“
Dr. Stefanie von Berg, frauen- und gleichstellungspolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion, erklärt mit Blick auf die Gleichstellung: „Seit Senatorin Schiedek im Amt ist, wurde viel Papier dazu verwendet, Programme, Konzepte und Gesetze aufzuschreiben. Aber für das Leben der Hamburgerinnen hat sich nichts geändert: Gleichstellung, Lohngleichheit – Fehlanzeige! Alles wie gehabt.
Leider aber hat sich das Leben derjenigen Frauen geändert, die ohnehin schon unter Repressalien leiden. Prostituierten wurde mit dem Kontaktanbahnungsverbot die Arbeit und somit das Leben deutlich erschwert. Sie sind nun gezwungen, in düstere Seitenstraßen auszuweichen um ihrer Arbeit nachzugehen. Auch die in Hahnöfersand inhaftierten Frauen erwartet nichts Gutes: Sie werden in den Männerstrafvollzug umgesiedelt. Bei dieser einsamen Entscheidung der Senatorin, die allen Expertenmeinungen zuwider läuft, bleiben die Belange der Frauen außen vor. Nicht einmal Kostenersparnisse konnten als Grund aufrechterhalten werden.
Die Situation der von Gewalt betroffenen und bedrohten Frauen hat sich ebenfalls verschlechtert: Plätze in Frauenhäusern sind knapp wie nie und die Verweildauer länger denn je. Weil kein günstiger Wohnraum zur Verfügung steht, müssen die Frauen länger im Frauenhaus bleiben, als eigentlich notwendig. Der Senat ignoriert aber das Problem der überfüllten Frauenhäuser. Dass in Hamburg nicht jederzeit Frauen ihrer Notlage entkommen können, weil es zu wenige Plätze in den Frauenhäusern dieser Stadt gibt, ist beschämend. Wir fordern 50 Frauenhausplätze mehr, um den Bedarf annähernd decken zu können.“
Zur Gleichstellung von Lesben, Schwulen und Transgender erklärt Farid Müller, lesben- und schwulenpolitischer Sprecher: „ Die Verwaltung der Gleichstellungspolitik nimmt groteske und zynische Züge an, wenn bei mehreren Überfällen auf Lesben, schwule und Transsexuelle sowie einen Steinschlag auf das MHC, Senatorin Schiedek nur einfällt, dass dafür ihre Behörde nicht zuständig sei. Wir beantragen deshalb Mittel für einen überfälligen Aktionspan gegen Homo- und Transphobie.“