„Das Thema ist zu ernst für Wahlkampftaktik, Herr Rabe“
Jahrelang hat der Schulsenator die Probleme der Schulen kleingeredet. Die tatsächliche Zahl der Fälle von Förderbedarf an Grundschulen liegt bei 6,6 statt 4 Prozent – das sind zwei Drittel mehr als bisher angenommen. Erst auf massiven Druck der Grünen hat der Senator die Zahlen jetzt öffentlich gemacht. Die Grünen kritisieren, dass der Senator die Zahlen aus Wahlkampftaktik erst nach den Haushaltsberatungen öffentlich macht. Die Planungen zur Umsetzung der Inklusion müssen jetzt grundlegend überarbeitet werden.
Jens Kerstan, Vorsitzender der Grünen Bürgerschaftsfraktion und Spitzenkandidat erklärt: „Was Schulsenator Rabe hier macht, ist in mehrfacher Hinsicht eine Unverschämtheit. Gegenüber den Schulen, den Kindern und den Eltern ist es zynisch, dass ein reales Problem – nämlich die Unterversorgung mit Förderkräften – jahrelang kleingeredet wurde. Es ist eine bemerkenswerte Fehleinschätzung des Senators, wenn die Zahlen jetzt um zwei Drittel über dem bisher angenommenen Wert liegen. Die Leidtragenden sind dabei die Kinder, die in vielen Fällen schlecht und unzureichend gefördert werden. Unverschämt ist dieses Vorgehen auch gegenüber dem Parlament, das gerade den Haushalt verabschiedet hat. Wenn hier ein Personalbedarf falsch berechnet war, hätte diese Zahl vor der Aufstellung des Etats auf den Tisch gemusst. Am liebsten hätte der Senator die Diskussion über den Wahltermin hinaus unter dem Deckel gehalten. Aber dieses Problem ist zu dringlich und das Thema zu ernst, um es für wahltaktische Manöver zu missbrauchen.“
Stefanie von Berg, bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, hatte zweimal mittels einer Kleinen Anfrage versucht, die Zahlen zu erhalten. Nachdem die Schulbehörde die Zahlen nicht veröffentlichte, beschwerte sie sich bei der Bürgerschaftspräsidentin. Nun werden die Zahlen veröffentlicht, noch während die zweite Anfrage dazu läuft. Stefanie von Bergerklärt dazu: „Weil der Druck auf ihn zu groß ist, legt Senator Rabe also endlich die Zahlen auf den Tisch. Besser spät als nie. Immerhin wird die Fehleinschätzung des Senators jetzt für alle deutlich. Die Interpretation dieser Zahlen ist kühn bis zynisch, wenn man um zwei Drittel danebenliegt. Denn: Jahrelang mussten die Schulen mit Ressourcen auskommen, die von vier Prozent eines Jahrgangs ausgehen. Wir haben seit Jahren einen Inklusionsfonds gefordert, der ein flexibles Nachsteuern an den besonders betroffenen Schulen erlaubt. Unsere Forderung nach einem solchen, mit 15 Mio Euro gefüllten Fonds hat die SPD erst im Dezember abgelehnt. Der Senator hielt das Instrument nicht für nötig und behauptete, die Schulen würden sich die Fallzahlen ausdenken. Das ist nun zum Glück ein für alle Mal widerlegt.“